Produkthauptakte und Technische Dokumentation

Die Produkthauptakte enthält alle relevanten Informationen eines technischen Produktes.

Produkthauptakte und Technische Dokumentation

Organisation der Dokumente in der Produkthauptakte

Die technische Dokumentation darin enthält alle Informationen, die erforderlich sind um das Produkt herzustellen, zu nutzen, zu warten oder zu reparieren. Darüber hinaus enthält sie bereits die ersten Pläne zum Produkt, technische Zeichnungen, Versuchsdokumentationen, Fotodokumentationen, Konstruktionspläne und sicherheitsrelevante Informationen. Obligat ist eine ausführliche Produktbeschreibung, welche auch bereits weitere eventuell geplante Varianten aufführt sowie das Nutzungsgebiet des Produktes inklusive einer ausführlichen Bedienungsanleitung für den sachgerechten Gebrauch. Alle Ergebnisse von Prüfungen und Kontrollen werden ebenfalls beigefügt und über den gesamten Lebenszyklus des Produktes und mehrere Jahre nach Einstellung des Produktes aufbewahrt. Erlangte Sicherheitszertifikate sowie alle dem Produkt beiliegenden Kennzeichnungen und Dokumente werden ebenso wie Werbeprospekte zum Produkt und Informationen zur Markteinführung beigefügt.

Die Produkthauptakte enthält also tatsächlich alle das Produkt betreffenden Informationen und benötigt daher eine sehr sorgfältige Dokumentenorganisation. Sie enthält zwar in erster Linie die technische Dokumentation eines Produktes, geht in der Gesamtheit aber darüber hinaus. Jegliche am Produkt vorgenommene Änderung wird dabei stets in die Dokumentenorganisation aufgenommen und sämtliche Vorkommnisse mit dem Produkt werden darin dokumentiert. Um auch neue Dokumente stets korrekt einzufügen, benötigt man ein gutes und vor allen Dingen strukturiertes Dokumentenverwaltungssystem.

Die technische Dokumentation an sich

Die technische Dokumentation enthält einen internen und einen externen Teil. Die interne technische Dokumentation hat in erster Linie die Begründung eines lückenlosen Nachweises aller sicherheitsrelevanten Prüfungen und dient daher einem haftungsrechtlichen Zweck. Neben technischen Zeichnungen und Konstruktionsplänen gehören alle Dokumente über Maßnahmen der Qualitätssicherung und über die Einhaltung aller Sicherheitsvorschriften zur internen technischen Dokumentation. Die für die interne Dokumentation verwendete Terminologie ist in der Regel stark von Fachausdrücken geprägt, schließlich richtet sie ausschließlich an Fachpersonal. In diesem Punkt unterscheidet sie sich sehr von der in der externen Dokumentation angewandten einfachen und auf Allgemeinverständlichkeit ausgerichteten Sprache.

Die externe technische Dokumentation richtet sich an die Nutzer des Produktes und kann gemeinhin als Gebrauchsanweisung verstanden werden. Der Nutzer erhält hier alle notwendigen Informationen zur Inbetriebnahme und sachgemäßen Verwendung seines Produktes. Bei der Erstellung der externen Dokumentation sollte ebenfalls mit größter Sorgfalt vorgegangen werden, im Falle einer lückenhaften Beschreibung eines Vorganges oder einer Sicherheitsvorschrift haftet der Hersteller des Produktes im Schadensfall entsprechend §823 Schadenersatzpflicht, Bürgerliches Gesetzbuch. Besonders wichtig ist die verwendete Terminologie, denn diese muss vom Verbraucher verstanden werden, ein hochtechnisches Vokabular ist an dieser Stelle also nicht angebracht. Die Terminologie muss einfach und allgemeinverständlich sein, dabei aber alle wichtigen Informationen enthalten.

Um eine größtmögliche Sicherheit für den Verbraucher zu gewährleisten, unterliegt die technische Dokumentation strengen gesetzlichen Regelungen beispielsweise durch die dem EU-Recht unterliegende Maschinenrichtlinie oder der Produktsicherheitsrichtlinie. Ist ein Produkt fehlerhaft, so muss der Hersteller für den entstandenen Schaden des Verbrauchers haften. Hier ist es wichtig, dass der Hersteller lückenlos die Einhaltung gesetzlicher Sicherheitsvorschriften und Normen belegen kann, was über die Produkthauptakte erfolgt.

Natürlich kann dennoch ein fehlerhaftes Produkt die Produktionsstätte verlassen haben, auch die Produkthauptakte stellt also keinen Freibrief dar. Die nachweisliche Einhaltung von Normen allerdings löst die sogenannte Vermutungswirkung aus, nach welcher der Hersteller belegt hat, dieses Produkt nach geltenden Normen produziert zu haben und dieses vertreiben zu dürfen. Für die Hersteller technischer Produkte sind im Schadenfall vor allem das Produkthaftungsgesetz sowie das Deliktrecht relevant. Im Produkthaftungsgesetz kommt die vertragsunabhängige Haftung zum Tragen, welche die Übernahme von Folgeschäden durch den Hersteller des fehlerhaften Produktes regelt. In einem solchen Fall ist es von höchster Relevanz die Einhaltung der gängigen Normen lückenlos durch die Produkthauptakte nachweisen zu können. Das Deliktrecht kommt zu tragen, wenn dem Hersteller eines fehlerhaften Produktes ein fahrlässiger Umgang mit Sicherheitsvorschriften nachgewiesen werden kann. Sind alle gültigen Normen und Regeln eingehalten worden, kann diesem Vorwurf mit dem lückenlosen Nachweis des Gegenteiles durch die gut strukturierte Organisation aller Nachweisdokumente entgegengewirkt werden.

Geltende Normen für technische Dokumentationen

Neben dem Produkt an sich unterliegt auch die technische Dokumentation gewissen Normen, welche bei der Erstellung eingehalten werden müssen. Grundsätzlich ersetzen immer mehr auf europäischem Recht basierende Normen die in den Staaten der europäischen Union vorliegenden Normen, was zu einer deutlichen Reduzierung der Normen und einer Vereinfachung im Produkthandel auf dem europäischen Binnenmarkt geführt hat.

Bei der Erstellung der technischen Dokumentation kommen vor allem die europäische Norm EN 82079 für die Gestaltung der technischen Dokumentation sowie die EN61355 für die Kennzeichnung der Dokumente zum Einsatz. Wie die Dokumente abgelegt und aufbewahrt werden müssen, regelt die internationale ISO15489, welche Terminologie verwendet wird die deutsche Norm DIN 199. Besonders relevant ist bei der Führung der Akte natürlich die Struktur, schließlich will hier eine Vielzahl an Dokumenten ordentlich digital abgelegt werden. Die für die Produkthauptakte zu verwendende Struktur ist in der DIN 6789 geregelt. Welche Gestaltung in der (vorwiegend externen) technischen Dokumentation verwendet werden kann, regelt die EN ISO 1200-2.

Die Gestaltung muss sich am Nutzer orientieren und die wichtigen Aspekte direkt erkennen lassen, so können zur besseren Veranschaulichung auch Bilder und Piktogramme verwendet werden, sofern sie auf einen Blick deutlich machen, wie man das Produkt korrekt verwendet und was auf keinen Fall sachgemäß ist oder gar gefährlich werden kann. Auch die Verwendung von Farbe kann wichtige Inhalte deutlicher hervorheben und zum schnellen Verstehen beitragen. Die Verwendung von Farben in technischen Dokumentationen ist in der EN61310-146 geregelt. Wichtig ist zu beachten, dass die farbige Gestaltung wichtige Inhalte hervorhebt und nicht etwa durch zu ausgiebige Farbnutzung sogar von diesen ablenkt.

Das Erstellen und Pflegen der Dokumentenorganisation des Produktes ist keine leichte Aufgabe und erfordert neben technischem Know-How viel rechtliches Wissen, große Sorgfalt und ein gewisses gestalterisches Talent. Die Erstellung der externen technischen Dokumentation sollte stets durch eine Fachkraft erfolgen, in der Regel durch einen technischen Redakteur, denn dieser versteht einerseits die komplizierte technische Fachterminologie und kann diese in einfach verständliche Sprache übersetzen und verfügt darüber hinaus über das erforderliche rechtliche Wissen um den Hersteller des Produktes gegen Schadenersatzansprüche durch lückenhafte Dokumentation abzusichern.

Software für die Dokumentenorganisation

Insgesamt handelt es sich bei der Produkthauptakte um ein sehr großes, stets erweiterbares Dokument, welches sorgsam verwaltet werden will. Mit der Planung und Entstehung eines Produktes seiner Erprobungsphase, den erforderlichen Sicherheitsprüfungen und Zertifikaten kommen immer mehr Dokumente zusammen, welche der Produkthauptakte beigefügt werden und auf welche bei Bedarf stets sofort zurückgegriffen werden soll. Sie enthält neben Dokumenten in Schriftform Grafiken, Anleitungen, die zugrundeliegenden Normen, die Nachweise zur Konformität zur Maschinenrichtlinie oder Produktsicherheitsrichtlinie, Tabellen, Statistiken und vieles mehr und soll dabei natürlich in einem einheitlichen, gut organisierten Layout erscheinen.

Hierfür kann eine speziell für das Führen und Verwalten von Dokumenten erstellte Software mit einem ausgearbeiteten Dokumentenmanagementsystem eine große Hilfe sein. Nicht zu vergessen ist, dass das Hauptziel des Führens der Akte Sicherheit im Bezug auf eventuelle Schadenersatzansprüche darstellt. Eine sorgfältig und auf die relevanten Richtlinien und Normen abgestimmte Dokumentenorganisation in der Akte ist daher äußerst wichtig. Mit einer Software, die über ein Dokumentenmanagementsystem und über Grundlagen der geltenden Normen und Gesetze bereits verfügt, kann direkt konform zur geltenden Maschinenrichtlinie oder weiteren gesetzlichen Regelungen und Normen die Produkthauptakte erstellt werden.

Diese Software kann von technischen Redakteuren genutzt werden und erleichtert die oft sehr mühsame Erstellung der Dokumentenorganisation enorm. In einem Dokumentenverwaltungssystem können sämtliche Dokumente in gut strukturierter Form verwaltet werden. Im Vergleich zum Verwalten der Dokumente in SAP ist die Anwendung mit einer gut durchdachten und strukturierten Software viel einfacher anzuwenden und stets direkt an den gängigen rechtlichen Regelungen und Normen ausgerichtet, die korrekte Struktur ist bereits vorgegeben und die erforderlichen Dokumente brauchen nur über das vorhandene Dokumentenverwaltungssystem an die vorgesehenen Stellen eingefügt zu werden und können ebenso leicht wieder aufgefunden und erweitert werden. Die Dokumentenorganisation wird so durch die Unterstützung einer ausgeklügelten Software massiv erleichtert.

Wichtigkeit der Produkthauptakte

Die Produkthauptakte ist ein wichtiges Instrument, um alle Informationen zu einem technischen Produkt, insbesondere die technische Dokumentation, übersichtlich und gut strukturiert zusammenzufassen. Eine lückenlose Dokumentation ist zum Nachweis der Einhaltung aller gesetzlichen Sicherheitsvorschriften und damit im Schadenfall unerlässlich. Fehlt die lückenlose Dokumentation kann im Schadenfall sogar von Fahrlässigkeit im Umgang mit Sicherheitsvorschriften ausgegangen werden, was einen Straftatbestand darstellt und daher unter Umstanden zu noch weitreichenderen Konsequenzen als der Zahlung von Schadenersatz führen kann.

Die Erstellung, Führung, Pflege und Erweiterung der Akte ist nicht einfach und sollte nur von Fachpersonal übernommen werden. Am Besten verwendet man bereits ab Erstellung eine spezielle Software, die dafür sorgt, dass die gesamte Produkthauptakte ordentlich strukturiert und rechtskonform ist. Die externe technische Dokumentation in Form einer Gebrauchsanleitung sollte von technischen Redakteuren übernommen werden, die über technisches und rechtliches Wissen verfügen. Insgesamt ist das Führen einer lückenlosen Produkthauptakte für Hersteller unerlässlich, um im Schadensfall die Einhaltung aller gesetzlichen Pflichten und Normen belegen zu können.