Vorgehen im PEP und PLM

Der Produktentstehungsprozess (PEP) wird auch Produktentwicklungsprozess genannt. Er beschreibt alle Abläufe, die ein neues Produkt von der ersten Idee bis hin zur Herstellung und dem anschließenden Verkauf durchläuft. In zahlreichen Unternehmen ist er der wettbewerbsbestimmende Prozess Nr. 1. In der Automobilindustrie und ihren Zulieferern ist das schon lange so: Hier ist ein erfolgreich implementierter Produktentwicklungsprozess eine der wichtigsten Grundlagen für Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit.

Vorgehen im PEP und PLM

Branchen- und produktübergreifendes Planen und Handeln

Was für die Automobilindustrie und ihren komplexen Produkten und Prozessen gilt, kann auch auf andere Branchen übertragen werden. Die Beherrschung des PEP-Kernprozesses entscheidet über das Schicksal eines Unternehmens mit: Innovationsfähigkeit, die Weiterentwicklung neuer Produkte bzw. die Umsetzung von Kundenwünschen sind nur einige der Unternehmensziele, die mit einem transparenten und gelebten Produktentstehungsprozess erreicht werden.

Der Product Lifecycle Management (PLM) Ansatz dient der allumfassenden, unternehmensweiten Steuerung und Verwaltung der gesamten Daten über Produkte und Prozesse. Dieses Konzept umfasst den kompletten Lebenszyklus eines Produktes von der Produktentwicklung, der Produktion, dem Vertrieb, der Wartung bis hin zur Demontage.

In diesem Zusammenhang ist eines der Ziele des Product Lifecycle Management Gedankens den Produktentstehungsprozess durch ein zentrales und konsistentes Datenmanagement zu unterstützen und die Produktivität der Entwicklung zu erhöhen. Zur Umsetzung dieses Konzeptes existieren zahlreiche IT-basierende Product Lifecycle Management Lösungen.

Grundlagen des Produktentstehungsprozesses

Um die Produktentstehung zu realisieren, greifen viele Unternehmen auf ein Phasenmodell zurück, welches den Produktentstehungsprozess in seinen Teilphasen darstellt. Die Grundlagen hierfür sind eine prozessorientierte Organisation sowie ein ausgereiftes Produktmanagement.

In der Literatur lässt sich weder ein einheitliches Phasenmodell für den PEP noch eine allgemeingültige Nomenklatur für die einzelnen Phasen und deren Inhalte finden. In der Automobilindustrie gibt es jedoch, was die Produktentstehung betrifft, viele Gemeinsamkeiten in der Planung und Durchführung von Produktprojekten. Um die neuen Anforderungen am Markt beherrschen zu können, haben Unternehmen den standardisierten Produktentstehungsprozess eingeführt.

In Unternehmen, die wiederholt vergleichbare Produkte herstellen, dient eine standardisierte Beschreibung zur Vereinfachung, Vereinheitlichung sowie zur Planung und Abwicklung dieser Projekte. Ein abteilungsübergreifendes Phasenmodell soll ebenso veranschaulichen, dass neben der technischen Entwicklung auch andere Fachbereiche wie Produktion, Controlling, Qualität, Vertrieb, Marketing, Logistik oder der Einkauf beteiligt sind. Ein Phasenmodell fordert zudem Ergebnisse ein, die sich überprüfen lassen. So können zudem Qualität und Erfolg in einem Projekt gemessen werden. Durch die Messungen findet ein permanenter Soll-Ist-Vergleich in Produktprojekten statt. Somit ist auch die Thematik Risikomanagement ein ständiger Begleiter im Projekt.

Ist ein standardisierter Produktentstehungsprozess im unternehmerischen Alltag umgesetzt, kann dieser als Basis für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess verwendet werden. Der gesamte PEP ist dabei lebendig und durch die Berücksichtigung von Verbesserungen ständig optimiert.

Phasen für den Produktentstehungsprozess

Häufig sind Produktprojekte in der Industrie und speziell im automobilen Umfeld in vorab definierte und fest terminierte Meilensteine aufgeteilt. Das jeweilige Phasenmodell soll dann unterstützend bei der erfolgreichen Erreichung der Meilensteine wirken. Der Produktentstehungsprozess beginnt häufig mit der Idee für ein neues Produkt. Handelt es sich dabei um ein vorher noch nie umgesetztes Produkt, folgt anschließend eine Entwicklungsphase.

Die physische Produkterstellung erfolgt danach - während der Produktionsphase. Der PEP muss dabei in der Lage sein, die aktuellen Herausforderungen optimal bewältigen zu können. Neben den Produktindividualisierungen und den ständig kürzer werdenden Lebenszyklen spielen auch die Themen Kosten, Qualität, Komplexität sowie Umwelt und Politik eine bedeutende Rolle. Ein Garant für den Erfolg ist heutzutage der konsequente Einsatz virtueller Entwicklungsmethoden im PEP.

Die Simulation spielt eine wichtige Rolle und soll maßgeblich bei der Verkürzung der Entwicklungszeit helfen und die Beherrschung der Variantenvielfalt sicherstellen. Die Einsparung von Hardwareschleifen sowie die Erhöhung der Erprobungsqualität von Prototypen sind weitere Ziele.

Vorteile für das Product Lifecycle Management

Die vom Product Lifecycle Management ausgehenden Nutzenpotentiale finden sich in allen Bereichen entlang der Wertschöpfungskette wieder, ganz im Sinne des Lebenszyklusansatzes und der damit verbundenen ganzheitlichen Perspektive.

Mithilfe dieses Konzeptes kann die Time-to-Market (Dauer von der Produktentwicklung bis zur Platzierung des Produkts am Markt) verkürzt werden. In der Nutzungsphase des Produktes werden bessere Serviceleistungen ermöglicht. Die Entsorgung kann im Voraus im Produktkonzept geplant werden.

Finanzielle Vorteile

Finanzielle Potenziale zeigen sich besonders in Gewinnerhöhungen, die beispielsweise durch frühere Markteinführung des Produktes und damit höheren Verkaufszahlen oder aber durch Kostensenkung verwirklicht werden. Eine Verminderung der Kosten ist beispielsweise in den Bereichen Prototypenbau, Materialkosten, Produktionskosten, Lagerkosten, Servicekosten oder aber Lohnkosten möglich.

Zeitvorteile

Ein zusätzlicher Vorteil der Implementierung eines PLM-Systems ist in der Verkürzung der Time-to-Market ersichtlich. Die effiziente Gestaltung der Prozesse hat eine Verminderung von Projektbearbeitungszeiten, Durchlaufzeiten, Problemlösezeiten und damit eine Verringerung der Time-to-Market zur Folge.

Qualitätsvorteile

Durch Product Lifecycle Management können darüber hinaus Vorteile in der Qualität realisiert werden. Das Wort Produktqualität nimmt nicht nur auf die Qualität des Produktes bezüglich seiner geometrischen Ausmaße oder der Funktionserfüllung Bezug. Auch die Übereinstimmung von Kundenanforderungen und Leistungspotenzial des Produktes kann besser aufgespürt werden. Durch PLM werden nicht nur Produktionsfehler rechtzeitig erkannt und Nacharbeit bzw. Kundenreklamationen verringert, sondern es können auch anforderungsgerechtere Produktvarianten verwirklicht werden.

PLM Software unterstützt den PLM Ansatz

In der Praxis wird die Umsetzung von PLM-Konzepten durch PLM Software ermöglicht oder unterstützt. Die Nachfrage nach PLM Software hat in den vergangenen Jahren branchenübergreifend zugenommen. Die meisten PLM basierten Methoden und Werkzeuge vernetzen Prozesse und Daten miteinander. Dabei wird insbesondere die Integration von Daten durch das IT-System realisiert. Diese IT-Systeme bezeichnen die Softwareanbieter häufig schon als PLM Software.

Einige PLM Software Anbieter vertreiben ihr Produkt selbst und führen auch die Implementierung eigenständig durch. Bei anderen Anbietern wird die PLM Software ausschließlich oder ergänzend durch Vertriebsgesellschaften angeboten. Diese haben sich meist auf Branchen spezialisiert und das originäre PLM-System bereits in weiten Teilen angepasst. Bei der Auswahl eines geeigneten IT-Systems zur Unterstützung der angestrebten Unternehmensfunktionen assistieren Dienstleister, die zeitgleich ein Verzeichnis über Softwarefunktionalitäten zur Verfügung stellen.

PLM Software in vielen Branchen sinnvoll nutzen

In der Vergangenheit war der Einsatz von PLM vorwiegend in der produzierenden Industrie vertreten (Luft-und Raumfahrt, Automotive Bereich). Heute findet man die Umsetzung des PLM-Konzeptes in fast allen Branchen. Es ist anerkannt worden, dass das Management von Daten und Informationen sowie die Vernetzung von Prozessen Nutzenpotenziale mit sich bringen, die ebenfalls in der Produktion von Schuhen, Kleidung, Schmuck oder Chemieanlagen verwirklichen sind.

Quellen:

  • Widmann, Ulrich: Produktentstehungsprozess. In Handbuch Kraftfahrzeugtechnik, hrsg. U. Seiffert; H.H. Braess, Wiesbaden 2011
  • Raubold, Ulrich: Lebenszyclusmanagement in der Automobilindustrie, Diss. Universität Cottbus, Wiesbaden 2011
  • Feldhusen, Jörg; Gebhardt, Boris: Product Lifecycle Management für die Praxis, Berlin Heidelberg 2008