Produktlebenszyklus: Reife-, Sättigungs- und Degenerationsphase

Der Produktlebenszyklus beschreibt den Lebensweg eines Produktes von der Markteinführung bis hin zur Herausnahme aus dem Markt. Dabei wird die Entwicklung des Absatzes des jeweiligen Produktes bzw. des mit dem Produkt generierten Umsatzes im Zeitverlauf betrachtet.

Produktlebenszyklus: Reife-, Sättigungs- und Degenerationsphase

Der Produktlebenszyklus

Zentrales Merkmal von Modellen zur Betrachtung des Produktlebenszyklus ist die Einteilung der Produktlebenszeit in unterschiedliche Phasen. Abhängig von der Phase, in welcher sich das Produkt befindet, kann so der Erfolg eines Produktes am Markt eingeschätzt werden. Weiter kann daraus abgeleitet werden, welche Maßnahmen erforderlich sind, um das Produkt am Markt erfolgreicher zu machen oder ggf. den Lebensweg des Produktes zu verlängern. Auch die Koordination der Entwicklung neuer Produkte zur Variation des bestehenden Produktportfolios ist mittels des Lebenszyklus-Modells möglich.

Umsetzung des Produktlebenszyklus-Konzeptes in der Praxis

Die Betrachtung des Lebenszyklus von Produkten ist ein betriebswirtschaftliches Konzept zur Steuerung der Produktentwicklung, des Vertriebs und des Marketings. Die Analyse erfolgt analog des Phasenmodells. Demnach unterscheidet man folgende Phasen des Produktlebenszyklus:

  • Markteinführung
  • Wachstum
  • Reife
  • Sättigung bzw. Stagnation
  • Verfall bzw. Degeneration

Die Abgrenzung der einzelnen Phasen erfolgt über die Wachstumsrate des Umsatzes. Dazu wird das Wachstum des Umsatzes im Vergleich zu einer definierten Vorperiode herangezogen.

Im Anschluss an den Produktentwicklungsprozess wird das Produkt zunächst in den Markt eingeführt. Mit Erreichen des Break-Even geht die Markteinführungsphase in die Wachstumsphase über. In dieser Zeit wachsen Absatz und Umsatz stark. Mit abnehmender Wachstumsrate geht das Produkt in die Reife-Phase über. Hier gilt es, das Produkt bzw. Marktanteile gegen Wettbewerber zu verteidigen. Die Sättigungsphase ist von starkem Verdrängungswettbewerb gekennzeichnet. Die Degenerationsphase geht einher mit einer deutlichen Abnahme in Bezug auf Umsatz und Absatz. Sie endet, indem das Produkt vom Markt genommen wird.

Zusammenhang von Produktlebenszyklus und Produktentwicklungsprozess

Während die Phasen der Markteinführung und des Wachstums insbesondere mit Investitionen in Marketing und Vertrieb verbunden sind, sind in späteren Lebenszyklusphasen auch Investitionen in den Produktentwicklungsprozess erforderlich. Dies kann an einem Beispiel anschaulich erläutert werden.

Kommt ein Auto mit einem neuen Konzept auf den Markt, so finden sich innerhalb der definierten Zielgruppe erste Käufer. Damit die Zielgruppe über das neue Fahrzeug informiert ist, werden zunächst entsprechende Investitionen in Marketing und Vertrieb getätigt. So werden z.B. die Verkäufer auf das Fahrzeug geschult und Werbekampagnen gestartet. Nach und nach setzt sich das Fahrzeug in seinem Zielmarkt durch (Wachstum) und es wird erforderlich, Variationen des Fahrzeugs zu entwickeln, um mit Erreichen der Reifephase neue Marktsegmente zu erschließen. Der Produktentwicklungsprozess wird demnach durch Variationen des Produkts bereits in der Wachstumsphase fortgesetzt, um später innerhalb der Reifephase mit den Produktvariationen weitere Zielgruppen zu adressieren.

Aufgrund der in der Reifephase in den Markt eingeführten Produktvarianten lassen sich Produkte und Preise variieren und neue Zielgruppen erschließen. Bezogen auf das Beispiel des Autos wären dies z.B. Varianten als Kombi, mit sportlicher Motorisierung oder als Hybrid-Lösung. Weitere Kaufimpulse könnten beispielsweise mit Varianten der Innenausstattung oder des Board-Entertainments erzielt werden.

Der Produktentwicklungsprozess bzw. der Produktentstehungsprozess beginnt demnach bereits lange vor der Markteinführung mit der Planung des Produktes und setzt sich über alle Phasen des Produktlebenszyklus fort. Sämtliche zugehörige Daten werden dabei in der Produkthauptakte dokumentiert. Das Beispiel des Autos zeigt, dass abhängig von der Komplexität des Produktes schnell eine große Menge an Daten zusammenkommt. Je komplexer das Produkt ist, desto eher wird vor diesem Hintergrund Software zur Unterstützung eingesetzt. Denn nur durch den Einsatz einer Softwarelösung ist die Übersichtlichkeit der komplexen Daten gewährleistet.

In der Produkthauptakte werden technische Zeichnungen ebenso geführt wie Fotos, Versuchsdokumentationen oder sicherheitsrelevante Informationen. Innerhalb des Produktlebenszyklus-Konzeptes ist dies in zweierlei Hinsicht relevant: Denn zum einen wird während der Reife- und Sättigungsphase der Produktentwicklungsprozess im Sinne der Entwicklung von Produktvariationen dokumentiert. Zum anderen ist während dieser Phasen bereits der Produktentstehungsprozess für mögliche Nachfolgeprodukte zu initiieren.

Da die auf die Reifephase folgende Marktsättigungsphase durch Stagnation hinsichtlich Ansatz und Umsatz gekennzeichnet ist, gilt es die Marktposition im Verdrängungswettbewerb zu verteidigen. Vielfach begegnen die Hersteller eines Produktes dem zunehmenden Verdrängungswettbewerb mit sinkenden Preisen, die sie im Rahmen des Produktionsprozesses mit Kosteneinsparungen zu kompensieren versuchen.

Somit ist der gesamte Produktentstehungsprozess entlang der vollständigen Wertschöpfungskette in Bezug auf Kosteneinsparpotentiale zu analysieren. Denn durch die Identifikation von Kosteneinsparungspotentialen kann der Deckungsbeitrag trotz niedrigerer auf den Absatzmärkten erzielbarer Produktpreise stabil gehalten werden. Dabei können zur Identifikation von Kosteneinsparungspotentialen entlang der Wertschöpfungskette wiederum die in der Produkthauptakte hinterlegten Dokumentationen herangezogen werden. Geht die Strategie der Preis- und Kostenreduktion auf, so könnte es für Wettbewerber nicht mehr attraktiv sein, das adressierte Marktsegment weiterhin zu bedienen. Die Folge: Sie verlassen den Markt.

Eine andere Strategie innerhalb der Sättigungsphase besteht darin, den Produktlebenszyklus durch Relaunches oder Facelifts zu verlängern. Auch dies ist aus der Automobilindustrie hinlänglich bekannt: Vielfach kommen bestehende Modelle dann mit neuen Motorisierungen, leicht veränderter Karosserie oder Assistenzsystemen auf den Markt.

Auch diese Modifikationen des Produktes werden in der Produkthauptakte dokumentiert. Denn diese enthält den gesamten Produktentwicklungsprozess und somit alle technischen und sonstigen Dokumentationen. Voraussetzung ist deshalb ein strukturiertes Dokumentenmanagementsystem. Dies insbesondere auch deshalb, weil aufgrund der erforderlichen Modifikationen immer wieder neue Dokumente eingefügt werden müssen.

Irgendwann lässt sich trotz aller Modifikationen eine deutliche Abnahme bei Absatz und Umsatz beobachten. Während dieser Degenerationsphase ist es schwierig, das aus Kundensicht veraltete Produkt weiterhin zu verkaufen. Das Produkt wird vom Markt genommen. Die Preise werden gesenkt, um Restbestände zu veräußern und das Lager zu leeren. Idealerweise geht diese Phase mit der Markteinführungsphase eines Nachfolgeproduktes einher.

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass der gesamte Produktentstehungsprozess bzw. die gesamte Produktplanung auf das Produktlebenszyklus-Konzept zu beziehen ist. Denn durch den Bezug auf den Produktlebenszyklus ist gewährleistet, dass sich der Produktentwicklungsprozess an den Gegebenheiten des adressierten Zielmarktes orientiert. Somit wird die Gefahr von Fehlinvestitionen minimiert und auch die Floprate gesenkt. Denn für neue Produkte gilt: Die Zahl der Flops ist beachtlich. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 70 Prozent aller eingeführten Produkte noch während der Markteinführungsphase wieder vom Markt genommen werden. Umfangreiche Dokumentationen geben jedoch Aufschluss darüber, welche Innovationen vom Markt honoriert werden.

Die Frage, ob ein Produkt die Wachstumsphase erreicht, wird von Faktoren wie Produktmerkmalen, Kundenanforderungen oder Wettbewerbssituation beeinflusst. Diese Faktoren sind neben anderen jedoch auch in späteren Phasen des Produktlebenszyklus-Modells relevant und können somit mit den im Rahmen der Produktenwicklung dokumentierten Informationen korreliert werden. Die hier gewonnenen Erfahrungen lassen sich im Produktentwicklungsprozess sowohl im Rahmen von Produktvariationen in der Reife- und Sättigungsphase als auch für Neuentwicklungen von Ersatzprodukten nutzen.

Weiter lassen sich zukünftige Absatzzahlen nur schwer vorhersagen. Auch hier gilt jedoch: Umso besser die Datenbasis, desto wahrscheinlicher wird es, dass Produktvariationen oder auch Neuentwicklungen erfolgreich sind. Denn für die Produkte eines Unternehmens ist eine Prognose aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit durchaus möglich. Gleichzeitig ist die Planung von Nachfolgeprodukten an den Verlauf der Absätze und Umsätze der aktuellen Produkte gekoppelt. Die Forschung und Entwicklung der Produkte des Unternehmens ist demnach an den Phasen des Produktlebenszyklus auszurichten.

Zur Erläuterung soll wiederum das Beispiel des Autos dienen. Die Entwicklung von Absatz und Umsatz fließt in die Produktentwicklung ein: Trends zum SUV oder zu hybriden Antrieben bzw. zur Elektromobilität beeinflussen den Produktlebenszyklus aktueller Fahrzeuge ebenso wie künftige Produktlebenszyklen. Nicht umsonst arbeitet die Industrie an neuen Mobilitätskonzepten. Denn Rahmenbedingungen wie die Verknappung fossiler Rohstoffe finden hier ebenso Eingang wie veränderte gesetzliche Vorgaben oder ein verändertes Verbraucherverhalten. Anschaulich: Wenn alle Wettbewerber ihre Fahrzeuge mit einem mobilen Internetanschluss ausrichten, dann ist dies innerhalb der Reife- und Sättigungsphase im Rahmen von Produktvariationen zu berücksichtigen. Konkret: Der Hersteller muss bei seinen eigenen Fahrzeugen nachziehen und künftige Fahrzeuge ebenfalls entsprechend ausrüsten. Wenn absehbar wird, dass nachhaltige Antriebskonzepte künftig den Absatz positiv beeinflussen, so muss dies rechtzeitig in der Produktentwicklung Berücksichtigung finden. Gleichzeitig beeinflussen diese Faktoren wiederum die Modellpolitik innerhalb derjenigen Produktgruppen die sich in den späteren Phasen Reife, Sättigung oder Degeneration befinden.

Zu beachtende Richtlinien

Der gesamte Produktentwicklungsprozess bzw. Produktentstehungsprozess findet Eingang in die Produkthauptakte. Diese ist demnach eine umfangreiche technische Dokumentation, in der die gesamte Produktentwicklung ebenso festgehalten wird wie Veränderungen am Produkt. Damit neue Dokumente korrekt eingefügt werden, empfiehlt sich die Verwendung eines strukturierten Dokumentenverwaltungssystems.

Wichtige zu beachtende Richtlinien sind die europäische Norm EN 82079 mit Vorgaben für die Gestaltung technischer Dokumentationen sowie die EN61355 für die Kennzeichnung der Dokumente. Die internationale ISO15489 beschreibt, wie die Dokumente abzulegen und aufzubewahren sind. Die deutsche Norm DIN 199 regelt die Verwendung der korrekten Terminologie. Die in der Produkthauptakte zu verwendende Struktur wird in der DIN 6789 festgelegt. Somit ist gewährleistet, dass die verwendeten Daten stringent digital abgelegt werden. Die EN ISO 1200-2 regelt darüber hinaus, welche Gestaltung in der technischen Dokumentation verwendet werden kann.

Die Vorteile einer Software-Unterstützung über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg liegen somit auf der Hand. Denn eine Software hilft nicht nur, den gesamten Produktentwicklungsprozess sowie den Produktentstehungsprozess zu dokumentieren. Auch die Beachtung geltender Normen für technische Dokumentationen ist somit gewährleistet.

Fazit - Softwareunterstützung im Rahmen des Lebenszyklus-Modells von Produkten

Die vorangegangenen Ausführungen haben gezeigt, dass der Produktlebenszyklus für den Produktentwicklungsprozess eine hohe Relevanz besitzt. Gleichzeitig geht mit dem Lebenszyklus-Modell eine ständige Forschung und Entwicklung einher, die zu einer Vielzahl von Produktvariationen führen kann. Hier bieten Softwarelösungen geeignete Unterstützung, den komplexen Prozess zu managen und Vorgaben in Bezug auf zu verwendende Normen zu beachten.