Engineering Software erschließt den Weg für Industrie 4.0
Mit Engineering Methoden und auf Engineering Software basierten Entwicklungstechnologien wird die Komplexität am besten bewältigt. Der Einsatz von Engineering Methoden verbessert die Zusammenarbeit der Produktentwicklerteams, führt zur Steigerung der Produktqualität und ermöglicht einen koordinieren optimalen Informationsfluss in allen Phasen des Produktentwicklungsprozesses.
Product Lifecycle Management
Mit einem automatisierten Produkt Lifecycle Management (PLM) bei der Produktentwicklung sowie im nachfolgenden Lebenszyklus wird ein konkurrenzfähiges Produkt hergestellt, das alle Anforderungen erfüllt und den Kundenerwartungen entspricht. Ein fortgeschrittenes PLM-System optimiert die Entwicklungsmethoden und Prozesse, reduziert die Entwicklungs- und Produktionskosten, verbessert die Produktqualität und unterstützt das produzierende Unternehmen bei Gestaltung einer ökologischen, ökonomischen, sozial motivierten und nachhaltigen Produktion. Nicht nur innovative Softwareprodukte und IT-Lösungen sind zur Unterstützung der Engineering Methoden erforderlich, sondern auch Überdenken, Restrukturierung und Neugestaltung gängiger Entwicklungsmethoden, -prozesse und Organisationsformen der Produktentwicklung.
Mit Einsatz spezieller Software und Entwicklungsmethoden sind modellbasierte Konstruktions- und Produktentwicklungsprozesse möglich. Eine Engineering Software kennt die Branchenspezifik, die Produkteigenschaften, die Entwicklungsmethoden, die Eigenschaften der verwendeten Materialien und Komponenten, die Zusammenhänge der Komponenten im Gesamtsystem, die Anforderungen und die technologische Spezifik der Produktion. Die Software unterstützt das Produktdesign und verfügt über die erforderlichen Kollaborationsfunktionen, damit die Zusammenarbeit der Projektteams reibungslos und konsistent abläuft und die Informationen im Entwicklungsprozess rechtzeitig gesammelt, verarbeitet und ausgetauscht werden. Die Software verwendet eine Wissensdatenbank (Knowledge Base) und hilft intelligent bei Problemanalyse und Erarbeitung von erforderlichen technischen Lösungen.
Im Produktlebenszyklus dient die Engineering Software zur kontinuierlichen Produktivitätssteigerung und unterstützt tatkräftig beim Anforderungs-, Änderungs-, Komplexitäts-, Qualitäts- und Wissensmanagement sowie bei der Produktweiterentwicklung und Neuproduktenentwicklung. Die Engineering Software und Engineering Methoden stellen eine gemeinsame Basis zur Verfügung für eine integrierte Produktentwicklung und eine effiziente interdisziplinare Zusammenarbeit verschiedener Spezialistengruppen, Abteilungen und Teams.
Entwicklungsmethoden mit V-Modell
Die wesentlichen Merkmale eines neuen Produkts werden in der frühen Designphase des Entwicklungsprozesses definiert und festgelegt. Durch falsche Entscheidungen der Designphase entstehen zusätzliche Risiken und Kosten. Neue software- und modellbasierte Engineering Methoden verhelfen, mögliche Fehlentscheidungen und Risiken zu minimieren und die Produktqualität über den gesamten Lebenszyklus zu verbessern. Ein modellbasierter Ansatz des Produktengineerings verwendet virtuelle Modelle anstatt von Dokumenten zur Analyse, Spezifikation und zum Design bis hin zur Verifikation und Integration eines zu entwickelnden Produkts.
Die Entwicklung von komplexen technischen Systemen basiert auf Engineering Methoden des Systems Engineering (SE) und wird mit einem V-Modell abgebildet. Das klassische V-Modell stammt von der Softwareentwicklung und beschreibt in seinem ersten Teil die Entwicklungstätigkeiten von der Produkt-Ebene über die System-Ebene bis hin zur Komponenten-Ebene. Die typischen Aufgaben dieser Phase der Produktentwicklung sind Anforderungsanalyse, Entwurf und Design. Der zweite Teil des V-Modells definiert die Aufgaben der Produktvalidierung (Tests) und Integration.
Die Richtlinien und Prozesse eines auf dem V-Modell basierten Ansatzes sind in den internationalen Standards ISO/IEC 15288 (Life Cycle Management - System Life Cycle Processes) und ISO/IEC 24748-2:2018-2 (Teil 2: Richtlinien zur Anwendung von ISO/IEC 15288) definiert. Die allgemeingültigen branchenunabhängigen Grundlagen und Richtlinien zum methodischen Entwickeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte sind auch vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure) aufgestellt.
Anwendung der Entwicklungsmethoden des Systems Engineering
Zur Entwicklung komplexer Produkte sind anpassbare flexible Entwicklungsprozesse und fortgeschrittene Engineering Methoden erforderlich. Die Komplexität des Entwicklungsprozesses kann man am besten mithilfe von Entwicklungsmethoden des Systems Engineering bewältigen. Das Systems Engineering erfordert seinerseits Einsatz einer funktionsreichen leistungsfähigen Engineering Software.
Die Gesamtansicht des künftigen Produkts lässt sich durch Modelle visualisieren. Man spricht dabei von Model Based Systems Engineering (MBSE). Diese Standardmethode hilft, ein zu entwickelndes Produkt in seiner Komplexität zu veranschaulichen, die Zusammenhänge zu verstehen und das fertige Produkt zu analysieren und zu verbessern. Das erleichtert die Erstellung von Konzepten sowie die Erstellung und Konsolidierung von fachlichen und technischen Anforderungen. Durch Einführung der neuen auf Systems Engineering basierten Entwicklungsmethoden wird eine neue strukturierte Denkweise gefördert, die Teamarbeit wird konsolidiert und verbessert und die Transparenz der Arbeit erhöht.
Industrie 4.0 und Digitalisierung
Digitalisierung und neue Engineering Methoden stellen eine solide Basis für neue Produktions- und Managementprozesse eines Unternehmens bereit. Die Produktentwicklung mithilfe neuer Entwicklungsmethoden ist ein fundamentaler Bestandteil dieser Prozesse. Der Produktion und der Produktentwicklung gemeinsam ist die Information. Obwohl softwarebasierte Lösungsansätze immer branchenspezifisch sind und nicht universell alle individuellen Anforderungen erfüllen können, sind sie unerlässlich für komplexe technische Produkte und innovative Technologien. Computergestützte Design-Prozesse und auf digitalen Modellen basierte Engineering Methoden bieten Flexibilität, Visualisierung und ausreichende Variationsmöglichkeiten bei Auswahl einer optimalen Lösung. Durch hohe Effizienz dieser Prozesse steigern sich die Arbeitsleistungen der Konstrukteure und Ingenieure.
Smarte Funktionen gehören nicht nur zu den Eigenschaften eines innovativen Produkts, sondern sind charakteristisch auch für die technologischen Prozesse der Produktentwicklung und -erzeugung. Für die Qualität dieser Prozesse und Lösungen spielt die Information eine immer größere Rolle. Die Aufgaben zeichnen sich durch enorme Datenmengen und eine hohe Komplexität der Entwicklungsprojekte aus. Diese Aufgaben kann man nur durch eine umfassende Digitalisierung, Automatisierung und Integration der Unternehmensprozesse bewältigen. Die moderne digitale Produktentwicklung ist nahtlos in die Unternehmensprozesse integriert, maßgebend für die Qualität neuer Produkte und dient als Treiber der Innovation. Sie bestimmt ein optimales Geschäftsmodell und ist mit diesem verknüpft. Mit umfassender Digitalisierung und neuen Entwicklungsmethoden wird Industrie 4.0 zur Realität.
Motivation für einen softwarebasierten Ansatz
Die Gründe für einen softwarebasierten Ansatz bei der Produktentwicklung sind die Forderungen für ein flexibles Design, Anpassungsfähigkeit der Entwicklung und Produktion zur sich schnell verändernden Marktsituation und Trends sowie wachsende Kundenanforderungen an die Produktqualität und -funktionalität. Im Produktdesign und bei der Entwicklung übernimmt die Software nicht nur die Rolle eines wirkungsvollen Instruments, das die Arbeit der Ingenieure und Spezialisten erleichtert und effizienter macht, sondern stellt auch ganz neue Entwicklungsmethoden und Modellierungstechnologien zur Verfügung. Mit Hilfe von neuen softwarebasierten Engineering Methoden lassen sich Einschränkungen herkömmlicher Modellierungstechnologien überwinden und neue Produkte mit vordefinierten Eigenschaften trotz Zeitdruck und eingeschränkter Ressourcen erfolgreich entwickeln.
Für Entwicklung mechanischer, mechatronischer, elektronischer oder auch technisch neutraler Produkte gibt es unterschiedliche spezialisierte Software, die die Eigenschaften des jeweiligen Produkts bei modellbasierten Ansätzen des Systems Engineering optimal unterstützen. Die Engineering Software stellt neue Entwicklungsmethoden zur Verfügung, erhöht die Entwicklungsqualität, unterstützt bei der Entscheidungs- und Lösungsfindung, reduziert technologische und Design-Fehler durch automatische Analyse und frühzeitige Fehlererkennung. Die Entwicklungszeit und -kosten werden dadurch deutlich reduziert.
Ein softwaregestützter Entwicklungsprozess führt zu einem optimalen Produktdesign. Durch ein geeignetes Softwareprodukt und mit den richtigen Entwurfstechniken finden die Entwickler einen besseren Lösungsweg, der ermöglicht, verschiedene aufgetretene Probleme zu lösen und ein gutes Produkt zu entwickeln.
Komplexen Entwicklungsprozess meistern
Bei Entwicklung komplexer technischer Produkte und Systeme verlagert sich der Fokus immer mehr auf die verwendeten modellbasierten Engineering Methoden, Engineering Software, IT-Technologien und Künstliche Intelligenz (KI). Für die Produktentwicklung sind nicht nur die Informationen wichtig, sondern auch deren optimale Organisation, Strukturierung, Übermittlung und Speicherung. Auch wenn ein Produkt nach seinen physischen Eigenschaften kein technologieintensives Produkt ist (kein elektronisches oder mechatronisches System), ist seine Entwicklung doch ein komplexer wissensintensiver Engineering-Prozess. Um die Produktanforderungen zu erfüllen, die Produktqualität zu verbessern und die Produktionskosten zu reduzieren, greifen die Ingenieure auf eine geeignete Engineering Software zurück.
Eine Engineering Software, kombiniert mit einem unternehmensweiten ERP (Enterprise Resource Planning) Softwaresystem, ermöglicht einem Unternehmen, die Prozesse und Informationen gemeinsam zu betrachten, aneinander zu koppeln, konsistent zu gestalten und automatisiert und optimal zu steuern. Eine Engineering Software erhöht das Innovationspotential des Unternehmens und unterstützt den Innovationsprozess. Ein solcher Weg der Produktentwicklung führt direkt zur Industrie 4.0 und ist der einzig richtige Weg für jedes zukunftsorientierte innovative Unternehmen, das seine führende Marktposition und hohe Produktqualität mit Hilfe neuer Entwicklungsmethoden und -technologien behaupten möchte.
Quellen:
Joachim Pfeffer, "Grundlagen der agilen Produktentwicklung", ISBN 9783947487004 (2019)
Axel Schröder, "Agile Produktentwicklung: Schneller zur Innovation - erfolgreicher am Markt", ISBN 9783446458130 (2018)
Udo Lindemann, "Handbuch Produktentwicklung", ISBN 9783446445185 (2016)
Klaus Erlenspiel, "Integrierte Produktentwicklung", ISBN 9783446420137 (2009)
Andreas Braun, "Modellbasierte Unterstützung der Produktentwicklung", ISSN 1615-8113 (2014)
VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung, Handbuch "Produktentwicklung und Konstruktion", www.vdi.de